Gottfried Lehmann

 

 

Eine Chemnitzer und Karl-Marx-Städter Biografie

 

Gottfried Lehmann - Vom Kriegsende bis nach der Wende

 

"Nie hätte ich in meinem Leben daran gedacht, im Alter von 74 Jahren einmal ein Manuskript zu schreiben. Der Deutschunterricht in der Schule war bei mir nicht beliebt und meine Leistungen waren mäßig. Nun ist es geschehen und die grauen Zellen sind im Alter noch mal angeregt worden. Geholfen hat mir mein Computer, mit der dort möglichen Überprüfung meiner mangelhaften Rechtschreibung und der Grammatik und auch der Thesaurus Wortschatz war mir sehr hilfreich. Ich wünsche mir, dass die schreckliche Nachkriegszeit und das einfache Leben in der DDR nie vergessen werden ..."

 

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Gottfried Lehmann (links) filmt am 7. Oktober 1961 den Besuch Anastas I. Mikojans im VEB Modul.

 

Zum Buch: "Vom Kriegsende bis nach der Wende - So war es damals"

 

Auszug

 

Filmen und Fotografieren

 

Im DDR Handel waren die Angebote an Fotoausrüstungen in den fünfziger Jahren außergewöhnlich groß. Das hatten die Menschen scheinbar der vorhandenen und noch funktionierenden Kameraindustrie zu verdanken, die in Dresden bereits eine über 100 Jahre alte Firmengeschichte hatte. Es gab in jeder Preisklasse Fotoapparate, ganz einfache Geräte, zum Beispiel die Marke Pouva Start für 16,20 Mark mit einfacher Blendeneinstellungen sonne und trüb. Die sehr teure Marke Exakta Varex für über 1000 Mark, wurden auch in die Bundesrepublik und in die USA unter einem anderen Namen verkauft.

 

Mein erster Fotoapparat war eine Rollfilmkamera mit dem Namen „Perfekta“ aus einem schwarzen Bakelitgehäuse und sehr einfacher Belichtungstechnik. Es war die zweitbilligste Kamera, ich glaube der Preis war damals 24 Mark. Ich war der einzige Besitzer eines Fotoapparates in der Familie. Stolz habe ich meine Eltern fotografiert, die nach dem Krieg keinen Fotoapparat mehr hatten. Bei Zimmeraufnahmen musste ich einem Feuerblitz zur Aufhellung nutzen. Es war ein mit Blitzlichtpulver gefüllter Papierbeutel in Form heutiger Teebeutel, mit einem hängenden Papierstreifen als Lunte zum Anbrennen. Meist habe ich den Beutel an einen Besenstil gebunden. Nach der starken Rauchentwicklung stank das ganze Zimmer und die Personen auf dem Später entwickelnden Bild sahen unnatürlich aus, wie erstarrt mit großen Augen. Ende der 60ziger Jahre kaufte ich mir eine Spiegelreflexkamera, eine EXA für 221 Mark und später eine 8 mm Schmalfilmkamera die AK8. Ich war Mitglied im Film- und Fotozirkel meiner Firma und konnte die Dunkelkammer für die Entwicklung und Vergrößerung der eigenen damals noch schwarz- weiß Fotos nutzen.

 

 

In den Jahren 1964 oder 1965 besuchte das Staatsoberhaupt der Sowjetunion Anastas Mikojan meine Firma. Sein Bruder war auch bekannt als der berühmte MIG Jagdflugzeuge Konstrukteur. Von meiner Firma bekam ich, damals noch als Maschinenschlosser tätig, ganz spontan den Auftrag das Ereignis zu dokumentieren. Man hat mir das zugetraut, weil ich scheinbar der Beste im Schmalfilmzirkel war. Unter diesen Umständen ist ein kleiner Dokumentarfilm entstanden. Eines Tages bekam ich eine ungewöhnliche Post von der SED Bezirksleitung an meine private Adresse. Es war ein seltsames Gefühl und ich fragte mich, was wollen die denn von dir als Nichtgenosse. Zu meiner freudigen Überraschung wurde mir dieses obige Bild zugeschickt.

 

Mit meiner Kamera AK8 drehte ich Urlaubsfilme und als die Kinder geboren wurden, stellte ich für beide Kinder, vom Babyalter bis zur Jugendzeit, zwei getrennte SW Filme her. Erst vor wenigen Jahren habe ich diese Filme digitalisieren lassen. Durch die Digitalisierung können diese getrennten Filme jetzt gemischt werden. Für meine Söhne sind das bestimmt wertvolle Erinnerungen. Es war damals gar nicht so einfach einen ordentlichen Film herzustellen. Ich kaufte mir deshalb zwei Schmalfilm Lehrbücher. Beim mechanischen Schneiden ging viel Filmmaterial verloren, ebenfalls musste die Belichtungszeit gemessen und vorher richtig eingestellt werden. Weil alles sehr teuer war, brauchte man vorher ein genaues Konzept von seinem Film. Eine weiße Titelschrift auf dunklen Untergrund ging nur mit einer Doppeltbelichtung. Dazu musste der Film in einem dunklen Raum, meist unter der Bettdecke von Hand zurückgespult werden, um ihn nochmals belichten zu können. Ein SW Film kostete 9,65 Mark und war 15 Meter lang, wenn man ordentlich gearbeitet hat, konnte man max. 10 min Filmmaterial nutzen. Die Farbfilme kosteten etwa 15 Mark und waren bei der Betrachtung in einer schlechten sehr körnigen Qualität. Das Filmen und Fotografieren hat mir immer viel Spaß gemacht. Die heutige Nutzung einer Videokamera oder eines Camcorders ist heute dagegen sehr einfach.