BRÜHL-BOULEVARD

 

 

Der Brühl vor dem Umbau [nach 1945]

 

Die Planungen für den "Brühl-Boulevard"

 

Der Umbau des Brühls

 

Brühl-Ansichten I

 

Brühl-Ansichten II

 

Brühl-Ansichten III

 

Der Brühl-Boulevard 1981 im Amateurfilm

 

Blick in die Geschäfte und Wohnungen

 

Die unsanierte Altbausubstanz 1990

 

 

 

Für S. Schmalfuß

 

Sandro Schmalfuß hat sich eine Notiz zum Brühl bestellt. Die gebotene Kürze macht mir das sehr schwer. Brühl meint zugleich ein Baugebiet, einen Ausflug nach Leipzig, die Erinnerung an das Elbufer die Landeshauptstadt mit Canalettoblick, zugleich auch eine historische Person aus sächsisch aristokratischen Kreisen - Brühl hat Dimension. Unser Chemnitzer Brühl war in der 'Proletarierin unter den Städten', wie es der Hannoveraner Sozialdemokrat Otto Grotewohl gern sagte, das einfachste Wohnquartier in den Fabrikarbeitergegenden: Hier und da ein Tanzsaal für den Feierabend (Hohenzollern, Stadt London, Deutsche Eiche, - daneben niedrige Wohnhausgiebel, wo Leute wie der Gewerkschafter Fritz Heckert (Heck-Art) ihre Schlafkemenate hatten. In den Höfen dort dicht bei dicht Werkstattschuppen an Abstellkammern. Da war der Leipziger Brühl als Kürschnerquartier offenbar von Haus aus betuchter, und die Dresdner Brühlsche Terrasse am Elbufer um Klassen vornehmer, sehenswerter, nobler. Chemnitz aber hatte auch seinen Brühl, benannt nach jenem königlichen Steuerverwalter und Universalbeamten, der bei Hofe wie jeder Spitzenkämmerer einfach unentbehrlich war. Siehe "Sachsens Glanz und Preußens Gloria" - zum Beispiel.

 

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Die Hermannstraße, Ecke Brühl vor dem Umbau zum "Brühl-Boulevard", Foto: Karl-Joachim Beuchel (C)

 

Der Chemnitzer Brühl bekam seine kurze Blütezeit, als die Innenhöfe 'entkernt', Künstlerateliers mit maisonetteähnlichen Dachgeschossen auf sich warten ließen, etwa für den unvergeßbaren Grafiker Dieter Netzker, allerlei Gaststätten, Funkstudios, Künstleragenturen, Kulturbund-Galerien Konjunktur erlebten mit Gockelbar, "Urteil des Paris" (siehe auch Wilfried Fitzenreiter!) und Blumenterrassenzier. Kurz zuvor waren noch die alljährlichen Maidemonstrationen dort aufmarschiert und ab Wilhelmplatz retour bis zum Chemnitzer Hof mit Sang und Klang bis um Neruda-Klub. Allezeit aber hatten wir Chemnitzer mit den Schillingschen Figurengruppen Originale in unserer Obhut, von denen eine ja anfangs bis nach Wien zu einer großen Ausstellung reiste ...

 

Abermals ist es im alten Chemnitzer Brühlviertel zu lange still geworden. Schulen, Geschäfte, Schaufenster, auch kleine Grünterrassen hier und da lassen nur ahnen, wie es hätte ringsum werden können, wenn es geworden wäre nach dem heroischen Dichterwort "und viel und von allem für alle muß sein". Das jedenfalls war ein Traum, eine Hoffnung, wie sie am Brühl in tausenden Nächten wohl in Trümmerjahren und Aufbauzeiten zu Hause gewesen sein mag. Chemnitz ist nicht nur Kaßberg, Onkel Toms Hütte und Adelsberg, Chemnitz ist allezeit auch Heimgarten und Brühl, Sonnenberg und Trümmerberäumung, Ebersdorf, Harthau und Heinersdorf: Chemnitz ist Volksstimme und Kämpfer, Freie Presse und Sächsische Volkszeitung - unsere Alltagslektüre am Chemnitzer "Brühl", bei jedem Wetter. Wir können ja mal darüber reden ...

 

Viel Glück auf den neuen Baustellen - Ihr Addi Jacobi, Chemnitzer vom Jahrgang 1936.

 

Weniger darf es nicht sein. a. j.

 

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